„Das Glück, den Winter genießen zu können“

„Das Glück, den Winter genießen zu können“

Patrick MeyerPatrick Mayer liebt den Schnee noch immer. Wenn die ersten Flocken fallen und eine fein-pulvrige Schneedecke alles mit einem glitzernden Weiß überzieht, wird seine Leidenschaft geweckt, und es zieht in nach draußen. Das war schon immer so. Mit 17 verließ er seine Heimatstadt Tübingen, um am Hochalpine Institut in Ftan in der Schweiz seinen großen Traum vom Snowboardprofi zu verwirklichen. Und es sah wirklich gut aus für ihn: Erste Sponsorenverträge waren unterzeichnet, als seine Karriere durch einen Snowboardunfall im Jahr 2000 ein jähes Ende fand. Seither ist er inkomplett querschnittgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. Seiner Begeisterung für den Schnee hat der Unfall jedoch kein Ende gesetzt. Auch im Rollstuhl lässt ihn die weiße Pracht ungeduldig werden und lockt ihn nach draußen. Es ist diese heiße Liebe für das kalte Nass, die ihn antreibt. Doch mit dem Rollstuhl über vereiste und verschneite Gehwege zu fahren, das ist fast unmöglich, erfordert enormen Kraftaufwand auch für eine Begleitperson. Vor allem die kleinen beweglichen Vorderräder versinken leicht im Schnee und behindern die Fortbewegung.

Das Ziel: Maximale Mobilität bei jedem Wetter

Doch Patrick Mayer ist keiner der sich einfach abfindet. „Als Rollstuhlfahrer will ich maximale Mobilität und Flexibilität bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit“ sagt der 33-Jährige. „Es hat mich immer sehr traurig gemacht, dass ich im Winter so stark in meiner Mobilität eingeschränkt wurde und mir genau überlegen musste, wie ich wohin komme. Mit Verwunderung habe ich festgestellt, dass es auf dem Markt kein einziges Hilfsmittel gibt, das die Fortbewegung auf Schnee im Rollstuhl erleichtert, leicht zu befestigen ist und auch preislich im Rahmen bleibt.“ Seit vier Jahren arbeitet Mayer deshalb an der Entwicklung eines Hilfsmittels, das Rollstuhlfahrer auch bei schwierigen Witterungsverhältnissen mobil macht. „Wheelblades“ nennt er seine Erfindung. Das ist der dynamisch klingende Name für ein Hilfsmittel, das sich leicht am Rollstuhl befestigen lässt und flexibel auf verschiedene Modelle angepasst werden kann.

 

Mit Wheelblades im Rollstuhl im Schnee unterwegs

 

WheelblatesDie Funktionsweise ist einfach: Die breite Auflagefläche der Wheelblades verteilt den Druck des Rollstuhlfahrers auf den Untergrund und verhindert, dass die Vorderräder im Schnee versinken. Es ist das Prinzip eines Skis, das Patrick Mayer auf Rollstühle übertragen hat. Die Kufen laufen mit wenig Reibung über den Untergrund, Unebenheiten werden ausgeglichen. Für Stabilität sorgen zwei Laufkanäle an der Unterseite der Blades, in denen der Schnee komprimiert wird. „Die Wheelblades haben ein geringes Eigengewicht und können leicht an den Rädern eines Rollstuhls befestigt werden. Mit dem verstellbaren Klemmverschluss lassen sich die Skier für den Rolli an unterschiedliche Radbreiten anpassen“, beschreibt Patrick Mayer die Vorteile auf seiner Homepage. „Das Schönste aber ist ganz einfach das neue Gefühl von Freiheit. Das Gefühl, dass man nicht zusätzlich zur körperlichen Behinderung auch noch von äußeren Umständen behindert wird. Das Gefühl, den Winter genießen zu können.“

 

Patrick Mayer kennt aber auch die Grenzen seiner Erfindung, Grenzen, die die Natur setzt und die in der Risikoabschätzung des Rollstuhlfahrers selbst liegen. Bei zu hohem Schnee oder zu weichem Untergrund gibt es auch mit den Wheelblades kein Fortkommen mehr. Und ohne Winterbereifung für den Rolli helfen auch die Blades nicht unbedingt weiter, weiß Patrick Mayer. Zudem seien die Wheelblades kein Sportgerät. Schneller als 10 km/h sollte man mit den Skiern für den Rolli nicht fahren, mahnt er. „Wichtig ist, dass die Wheelblades den Kontakt zum Untergrund nicht verlieren. Wird der Rollstuhl auf den Hinterrädern ausbalanciert, d.h. wenn man mit Wheelblades gekippt rückwärtsfährt, kann das zum Umkippen des Rollstuhls führen.“

 

Im Oktober 2012 geht Patrick Mayer mit seiner Erfindung in Serienproduktion. Damit sein Projekt auch betriebswirtschaftlich verlässlich verwirklicht werden kann – Einzelanfertigungen wären zu teuer –, sucht er Unterstützer, die sich mit einer Spende am Projekt beteiligen. Als Dankeschön können sie sich auf seiner Homepage wheelblates.ch hochwertige Landschaftsfotos des passionierten Hobbyfotografen herunterladen. Und auch Vorbestellungen nimmt Patrick Mayer bereits entgegen. Ob er an den Erfolg des Produktes glaubt? „Ob mein Projekt sich durchsetzen wird – das wird sich zeigen. Was ich aber ganz sicher weiß ist, dass die Wheelblades wirklich gut funktionieren und mein Leben deutlich verbessert haben.“

 

Weitere Informationen unter http://www.wheelblades.ch/

 

Produkte für eine barrierefreie Lebensgestaltung