Altersanzug sensibilisiert für Barrierefreiheit

Graphik: Ein Anzug, darunter ein Auge, ein Ohr und eine Lupe.

Altersanzug sensibilisiert für Barrierefreiheit

Der Altersanzug vermittelt seit 25 Jahren das Gefühl, alt zu sein und verdeutlicht, wie wichtig Barrierefreiheit ist.

Die Arme und Beine werden unsagbar schwer. Die Ohren nehmen Geräusche nur noch dumpf und unklar wahr, ganz so, als steckten sie hinter einer dicken Glaskugel. Was sich vor den eigenen Augen abspielt: undeutlich und verschwommen. Sich zeitweise wie ein alter Mensch fühlen – das geht mit einem Altersanzug.

Seit der Erfindung vor 25 Jahren, im Mai 1994, können junge Menschen in die Haut eines älteren Menschen schlüpfen. Denn mit diesem Anzug lassen sich die körperlichen Einschränkungen betagter Menschen simulieren. Auch für die Forschung und Produktentwicklung ist dieser Anzug interessant.

Wie funktioniert dieser spezielle Anzug? Fokus auf Bedarf an Barrierefreiheit

Gehördämpfer sorgen dafür, dass deren Träger schlechter hören. Ein Visier mit einer gelblichen Spezialfolie schränkt die Sicht ein. Aus Gewichten und Bandagen für Ellenbogen und Kniegelenke wird Schwerfälligkeit. Das heißt: eine motorische Einschränkung wird simuliert. Jede Bewegung wird durch den Anzug deutlich anstrengender. Trägern kann so aufgezeigt werden, wie sehr körperlich eingeschränkte Menschen auf Barrierefreiheit im Alltag angewiesen sind.

Der Erfinder des Anzuges ist Gundolf Meyer-Hentschel, ein Verhaltenswissenschaftler aus Saarbrücken. Damit hatte er einen richtigen Riecher. Mit seinem Alterserforschungsanzug traf er auf einen schnell wachsenden Markt. Denn: Die Zahl der alten Menschen nimmt in vielen Ländern zu. Deshalb bestand schon damals Interesse für diese Erfindung.

Mittlerweile gibt es überall auf der Welt viele Varianten dieser Anzüge:

  • Hochwertige Modelle, beispielsweise Overalls;
  • Jacken und Hosen, die integrierte Gewichte haben;
  • einfache Modelle setzen sich immer noch aus Einzelelementen zusammen, darunter der erste Alterserforschungsanzug überhaupt.

Wie können Altersanzüge die Notwendigkeit von Barrierefreiheit vermitteln?

Sehr oft kommen die Altersanzüge in der Pflegebranche zum Einsatz. Pflegeschulen, Kliniken und Pflegeheime nutzen sie für die Ausbildung von Pflegekräften. Stets haben die Anzüge das Ziel, die eigene Wahrnehmung an die der alten Menschen anzugleichen, solange sie getragen werden.

Zur festen Ausstattung gehören Altersanzüge an vielen Universitäten für das  Medizinstudium. Beispielsweise an der Charité in Berlin, aber auch in Weiterbildungskursen für Ärzte. Im Curriculum „Geriatrische Grundversorgung“ der Bundesärztekammer ist ein entsprechendes Modul mit Altersanzügen eingerichtet.

Auch bei vielen Wirtschaftsunternehmen finden Altersanzüge Verwendung. Meistens haben sich die Unternehmen zum Ziel gesetzt, Konstruktion und Design ihrer Produkte verstärkt an die Bedürfnisse älterer Kunden anzupassen. Denn auch hier wächst die Zahl älterer Kunden.

Genutzt wird der Anzug daher auch von:

  • fast alle deutschen Automobilherstellern, um jungen Ingenieuren mehr Einblick für die Bedürfnisse älterer Autofahrer zu vermitteln und so Komfort und Barrierefreiheit zu schaffen,
  • Herstellern von Hausgeräten.